Alter ist keine Krankheit
Ich gestehe: Mein Herz schlägt für die Senioren unter den Hunden. Vielleicht, weil Mats als unser erster Hund nun auch schon eine Weile dazu zählt und ich mich selbst aus persönlichen Gründen nun mit dem Alter und dem altern meines Hundes auseinandersetzen muss oder vielleicht auch, weil der Großteil meiner Patienten zum älteren Semester gehört.
Zwischen Besitzern von Seniorenhunden entsteht einfach ziemlich fix eine Verbindung, wir erleben ähnliche Dinge und gehen, wenn auch in unterschiedlicher Geschwindigkeit und auf unterschiedlichen Untergründen den gleichen Weg.
Wir stehen vor ähnlichen Herausforderungen, ähnlichen Fragen, die uns beschäftigen. Bewege ich ihn zu viel oder zu wenig? Braucht er mehr Beschäftigung oder lasse ich ihn weiter so tief und fest schlafen? Benötigt er medizinische Unterstützung in Form von Medikamenten oder ein anderes Futter?
Die meisten Seniorenbesitzer die ich kenne sind nicht zufrieden mit der Aussage „dein Hund ist einfach alt, das ist eben jetzt so.“ Und ich erlebe es in der Praxis ein ums andere Mal, dass minimalste Veränderungen im Alltag, beim Training oder der Beschäftigung, der Körperpflege und der Ernährung einen wirklichen Unterschied machen.
Und es gibt einfach nichts schöneres als einen Seniorhund, der wieder Spaß am Alltag hat, der wieder gerne entdeckt und erkundet und sich bewegt. Es gibt immer wieder Höhen und Tiefen, auch mit Mats mache ich diese Phasen durch. Aber es ist in diesen Phasen so wertvoll sich austauschen zu können, eine Anlaufstelle zu haben. Und darin sehe ich meine Aufgabe. Wir lachen gemeinsam über die kleinen Sonderheiten, die sich entwickeln, wir versuchen Lösungen zu finden, wenn es dem Vierbeiner gerade nicht so gut geht.
Mats ist ein sehr schönes Beispiel. Durch Arthrose in so ziemlich allen großen Gelenken, Spondylosen und Bandscheibenvorfällen geht er einfach nicht mehr gerne auf Asphalt spazieren, der Untergrund ist ihm zu hart. Wir haben ihm einen Buggy gekauft, der immer vor der Haustür steht. Dort steigt er ein, wird auf die Wiese gefahren und dort gehen wir dann zwischen 30 und 60 Minuten spazieren. Vor Kurzem war der Buggy zur Reparatur und somit nicht verfügbar für Mats. Ein Blick zur Haustür heraus, erkannt, dass dort kein Wagen steht und mein Hund geht ohne Zögern wieder ins Haus und lässt sich nicht zum Spazieren bewegen. Unser Kompromiss bestand darin, mit dem Auto zur Wiese zu fahren, da kam er dann mit uns.
Natürlich könnte ich nun sagen, mein Hund ist stur und gehorcht nicht mehr (wobei Mats schon immer eher ein Hund war, der selbst entschied, was für ihn am Besten ist), ich könnte aber auch einfach sehen, dass mein Hund im Alter andere Bedürfnisse hat und ich diese durch ein paar Änderungen relativ leicht erfüllen kann.
Meine Aufgabe sehe ich darin, Lösungswege zu finden die meinen Patienten und ihren Besitzern helfen, die Lebensqualität des alten Hundes zu optimieren, durch Arthrosemanagement, durch gezielte gymnastische Übungen, durch angepasste Bewegung. Zudem bieten wir Vorträge zum Thema Arthrose und Ernährung für Senioren und gemeinsam mit einer lieben Kollegin entstand unser Seminar für Seniorenhunde.
Auch das Lebensende ist ein Teil des Lebens mit Senior. Man denkt vielleicht nicht gerne daran, treffen wird es uns jedoch alle. Ansprechpartner gibt es bisher wenige, wie ich bei meiner Umfrage herausgefunden habe. Auch die Aufklärung darüber, was bedeutet Euthanasie und was bedeutet palliative Begleitung meines Hundes wird bisher eher stiefmütterlich behandelt. Deshalb war es mir eine Herzensangelegenheit, ein Seminar auf die Beine zu stellen, dass allen interessierten Tierärzten, Tiermedizinischen Fachangestellten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten die Chance bietet, eine wertvolle Anlaufstelle für Tierbesitzer zu werden, die auch am Ende des Lebens für ihren Vierbeiner einfach das Beste wollen. In Zusammenarbeit mit einer Ärztin, der dieses Thema ebenso am Herzen liegt wie mir und einer tollen Kollegin, die sich intensiv mit Krisenmanagement auskennt haben wir ein bisher denke ich einmaliges Seminarpaket auf die Beine gestellt, dass vielen Tierbesitzern eine große Hilfe und Stütze sein wird.
Denn im Endeffekt wollen wir für unsere Senioren alle nur das eine: dem Leben soviel Qualität zu geben, wie es uns möglich ist.
Passt gut auf euch auf,
eure Melanie